Hallo an alle Interessierten,

hier mal einige Geradestellungen zu den sogenannten „ Wir wissen alles“ (Westrecherchierern):
Vorwort zu meinem BuchDiese Dokumentation soll erinnern, an eine Zeit, die wir als Ehemalige Seefahrer auf Projekt 89.1
MSR - Kurz - NATO Bezeichnung "Kondor" erlebt haben. Hier geht es nicht um Abrechnung oder Rechtfertigung. Ja wir alle hatten ein erstes Leben vor der Wende, hier soll in Erinnerung gerufen werden welche Tagesabläufe so ein Bordleben hatte. Es soll nichts beschönigt aber auch kein Falschzeugnis über Erlebtes abgelegt werden. Halt, der schlichte wahrheitsgemäße Ablauf der Dinge an Bord von Minensuch und Räumschiffen der 6.
GBK im Unterstellungsverhältnis zur Volksmarine. Hineingeboren in die Zeit des Kalten Krieges, konnte sich keiner von uns aussuchen auf welcher Seite Deutschlands er leben wollte. Es wurde auf beiden Seiten, ob OST oder WEST, daran gearbeitet, dass der jeweilige Machteinflussbereich erhalten bleibt. Die politischen Spielchen auf beiden Seiten der Grenze von NATO und Warschauer Vertrag konnte der einzelne nicht durchschauen, es fehlte an Hintergrundwissen. So nahmen die Dinge ihren Lauf bis zur Wiedervereinigung Deutschlands am 03.10.1990. Einige von uns konnten diesen Weg begleiten, Andere suchten ihr Glück auf dem freien Wirtschaftsmarkt.
Mit einer Unwahrheit möchte ich gleich im Vorwort aufräumen. Wir Seefahrer auf Projekt 89.1 Minensuch und Räumschiff der 6.
GBK waren keine „Menschenjäger“ wie es von einigen Journalisten sehr oft nach der Wende formuliert wurde. Um das umzusetzen, hätte es andere Befehle und Weisungen der Militärführung geben müssen. Und was besonders wichtig ist, ein anderes Unterstellungsverhältnis. Immer wieder behauptete Unwahrheiten werden nicht zu Wahrheiten, sondern was schlimmer ist, zu Gewohnheiten.
Sicher haben sich auch Bürger der damaligen DDR über die Ostsee in den Westen gewagt. Viele haben aber nicht mit den Witterungsbedingungen in der Ostsee gerechnet, oder schlichtweg, die Entfernungen unterschätzt. Es gab fast immer Wind und Wellengang. In den Jahren wurde so mancher Mensch aus Seenot gerettet, denn ohne unsere Hilfe wären sie in der Ostsee ertrunken. Das ist ein Fakt der zur Sachlichkeit dazugehört. Wahr ist aber auch, dass beim Einlaufen des Schiffes Mitarbeiter des MfS (Ministerium für Staatssicherheit) auf der
Pier warteten. Darauf hatten wir als Seefahrer aber keinen Einfluss. Von uns bekamen die Menschen trockene Kleidung, Trinken und Essen. Das ist keine Entschuldigung, sondern das sind Tatsachen, wie sie sich zugetragen haben.
Durch die Ostsee in den Westen lautet ein Artikel von Christine Vogt-Müller im Heft mare, No. 5 Dez. 1997. Hier der Auszug aus Ihren Recherchen: 1 Zitat Anfang: Zuständig für die Bewachung der Ostseeküste war die 6. Grenzbrigade Küste, eine Einheit der Volksmarine. Die „Sicherung der Seegrenze“ war in erster Linie gegen den Feind von innen gerichtet: gegen Flüchtlinge. Im SED-Jargon hießen sie Grenzverletzer oder Grenztäter, die Flucht wurde als „Angriff auf die Seegrenze der DDR“ oder „Grenzdurchbruch“ bezeichnet. Es galt der Schießbefehl. 1 Zitat Ende. Hier ist anzumerken, nein, diesen gab es nicht. Es gab wie in der Bundesmarine eine DV (Dienstvorschrift) zum Umgang und den Gebrauch von Schusswaffen. Hätte es einen gegeben, dann würden wir heute über eine ganz andere Zahl von Toten sprechen.
Wenn es die Bundeswehr betrifft, klingt das so, Agentur dpa am 22.1.1994 schreibt in einer Berichtigung: "Die Überschrift muss richtig heißen: Die „Einsatzregeln“ zur Selbstverteidigung in Somalia (nicht: „Der Schießbefehl“ in Somalia). Bitte verwenden Sie den Begriff „Schießbefehl“ nicht. Das soll heißen, der Begriff „Schießbefehl“ trifft nur für die DDR zu. Ein Schelm wer dabei Böses denkt. Vergleiche Gesetz über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik (Grenzgesetz) vom 25. März 1982 (GB1. DDR I 1982 Teil I S. 197 ff.). Hier die §§ 26 und 27 DDR und das UZwG der BRD § 11 Schusswaffengebrauch im Grenzdienst. Während meiner gesamten Fahrens Zeit von 1972 - 1978 musste ich nicht einmal eine Schusswaffe einsetzen, weder gegen Menschen oder Sachen. Auch musste das keiner meiner Besatzungsangehörigen.
2 Zitat Anfang: Am wirkungsvollsten jedoch war der Einsatz der Hochsee-Minensuch- und Räumschiffe, im Volksmund „Graue Wölfe" genannt. Ausgerüstet mit modernsten Radargeräten, konnten sie bei ruhiger See selbst Wasservögel ausmachen. Hydroakustische Anlagen lauschten auf verdächtige Motorengeräusche. Ihre Mannschaften waren mit Kalaschnikows und einer 23-mm-Zwillingsflak bewaffnet. 2 Zitat Ende.
Ganz schlecht recherchiert, klingt aber sehr bedrohlich. Die oben erwähnten Schiffe sind nun einmal ihrem Einsatzzweck nach Minensuch und Räumschiffe gewesen. Hauptaufgabe eines solchen Schiffes ist die Minenabwehr in See. Diese Schiffstypen gab es in der NATO genauso wie im Warschauer Vertrag. Moderne Radargeräte gab es an Bord, die TSR 333. Diese war nichts Besonderes, sondern tat das, was andere Radargeräte auf einem Schiff auch machen. Sie zeigen an, ob Tag oder Nacht, welche Schiffe und Boote sich in Fahrtrichtung dem eigenen Standort nähern. Schlichtweg sie wurde benötigt um sicher zu Navigieren in der Ostsee. Die mittlere Ostsee ist nach wie vor eines der am meisten befahrenen Seefahrtswege der Welt. Unsere Sonaranlage die KLA 58m diente der Aufklärung von U-Booten der NATO und zum Auffinden von Ankertau- oder Grundminen in geringer Wassertiefe. Der 2. Weltkrieg hat in der Ostsee viel Munition hinterlassen. Unsere Schiffsabteilung hat dreimal von 1972 - 1986 an Minenräumaufgaben teilgenommen und mehrfach an MAW Übungen des Warschauer Vertrages. Laut Internationalen Abkommen war die damalige DDR auch verpflichtet die Reede Wismar und Rostock frei zu machen von Kriegshinterlassenschaften.
Die MPi KMs 7,62 mm hatten wir auch an Bord, was ja auf militärischen Schiffen (Marine) weltweit auch nichts Neues ist. Ja, zur Luftabwehr, Seeminenabwehr und zur Verteidigung im Kriegsfall war eine 25 mm Doppellafette 2-M-3 an Bord (Vorschiff). Diese brauchten wir, Gott sei Dank, nur zu Ausbildungszwecken einsetzen. Auch hier ein Zitat von Frank Thiess: Die Wahrheit ist eine unzerstörbare Pflanze. Man kann sie ruhig unter einen Felsen vergraben, sie stößt trotzdem durch, wenn es an der Zeit ist.
Zu den weiteren Aufgaben der seeseitigen Aufklärung gehörten „… die Gewährleistung der Unverletzlichkeit der Staatsgrenze sowie die Ordnung und Sicherheit in den Seegewässern (gemäß Internationalem Völkerrecht) und das Einbringen von Aufklärungsergebnissen aus der mittleren und westlichen Ostsee im Interesse der
VOF Vereinte Ostseeflotten) des Warschauer Vertrages.
Kapitän z. S. a. D. Walter Jablonsky (DBwV / Deutscher Bundeswehr Verband) schreibt: Die Einführung von KMAWS Projekt 89.1 machte die 6.
GBK nicht nur „Ostseefähig“, sie schuf auch die materielle Grundlage dafür, die
VM bei Mobilmachung in Hauptaufgaben quantitativ wesentlich zu verstärken. Das hieß im Einsatzfall, Minenräumen in See. So war auch der Ausbildungsablauf an Bord über all die Jahre ausgerichtet worden. Für die Mobilmachung war vorgesehen, die seeseitige Komponente der 6.
GBK als KMAWS Projekt 89.1 zu reaktivieren und sie den Sicherungsflottillen der
VM, d.h. den mit Sicherungsaufgaben (U-Boot-Abwehr /
UAW, Minenabwehr /MAW) betrauten 1. und 4. Flottillen der
VM (Stabssitze in Peenemünde bzw. Warnemünde/ Hohe Düne) zuzuführen, und zwar eine GSA zu 6 KMAWS der 1.
Flottille und zwei GSA mit 12 KMAWS der 4.
Flottille.
Bei insgesamt für 1990 geplanten 48 Minensuch- und Abwehrschiffen (MSAWS) der
VM waren dies quantitativ 37,5 % der MAW-Kräfte der
VM in der Ostsee, in der der Minenkrieg und dessen Abwehr hochwichtige Komponenten der Seekriegführung waren, also ein wirklich bedeutender Anteil. Der seeseitige Beitrag der 6.
GBK zur Minenabwehrfähigkeit der
VM ab den frühen 70er Jahren mit ca. 38 % aller ostseefähigen Minenabwehrschiffe in der höchst Minen gefährdeten Ostsee war demnach sehr bedeutsam.
Soweit meine Einlassungen
Gruß Rainer
